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Kjell hievte seinen lädierten Fuß auf das Balkongeländer und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Das Hotel lag auf der Anhöhe. Über die Dächer der Häuser hinweg konnte man auf den Hafen und die Bucht blicken. Auf Sandön waren so gut wie alle Häuser aus falurot lackiertem Holz. Nur das Hotel gehörte zu den wenigen Steinbauten. Er trank einen Schluck Bier und entspannte sich.

Idas Stimme drang aus dem Zimmer. „Hast du Henning schon erreicht?“

„Ja, und es ist einiges passiert auf dem Festland.“

„Bereust du schon, dass du herwolltest?“

„Du weißt ja, wie das Leben zu mir ist. Bleibt man, ist nichts los, fährt man, geschieht sofort etwas.“

Ida trat auf den Balkon. Sie duftete nach Frühling und geföntem Haar. „Zu allen anderen ist das Leben auch so.“

Sie trug ein schlichtes weißes Kleid aus Leinen. Er strich über ihren Bauch, der sich nun schon deutlich wölbte. Ida ließ ihren Blick über die Gegend wandern. „Der Name der Insel ist keine Übertreibung. Es ist wirklich ein riesiger Sandhaufen mitten im Meer.“

„Und sogar das Hotel heißt Sand-Hotel. Wie einfallsreich!“

„Das ist das Witzige daran: Es heißt nach seinem Gründer. Herr Sand.“

Kjell blickte treuherzig zu ihr hinauf. Ida konnte solche Lügen mit einem Fingerschnippen aus dem Hut zaubern.

„Es stimmt! Ich habe es vorhin im Prospekt gelesen. Wann müssen wir zurück?“

„Ich muss das Frühboot erreichen. Das Staatsminister hat das Ermittlungsverbot aufgehoben.“

„Schade.“

„Du kannst doch bis Sonntag bleiben. Ich schaffe es allein zurück.“

Der Vorschlag gefiel Ida.

Die Schwellung und der Schmerz waren so weit zurückgegangen, dass er auf den Rollstuhl verzichtete. Auf dem Weg hinab zum Hafen berichtete er Ida die Neuigkeiten aus Stockholm und Rom.

Die Einwohner von Sandhamn waren alle aus ihren Häusern gekommen. Den toupierten und zerzausten Haaren der Frauen sah man an, dass so gut wie alle Sommerhausbesitzer auf Sandön Stockholmer waren. Seine Tochter Linda war die einzige, deren Haare ohne Aufwand immer wie die einer Stockholmerin aussahen. Sie winkte schon, als sie sich dem verabredeten Lokal am Hafen näherten. Kjell war erleichtert, dass Lindas neunköpfige Reisegruppe nur aus Mädchen bestand. Sie stellte eine nach der anderen vor. Alle trugen ihre Abiturientinnenmützen, mit denen man wie ein Kapitän aussah. Sie waren in Booten unterschiedlicher Größe hergekommen und belegten einen ganzen Steg.

„Linda hat erst da vorne angelegt“ erzählte Cissi, und die anderen Mädchen lachten. „Weil es da schön leer war. Zehn Minuten später kam der Hubschrauber der Küstenwache und konnte nicht landen, weil unser Boot an der Plattform lag.“

Der Hubschrauber hatte eine Ewigkeit in der Luft stehen müssen, weil es Linda wegen der Schmierölpumpe erst nach einigen Minuten gelang, den Motor anzulassen und das Boot wegzufahren. Später war der Pilot zum Steg marschiert und hatte Linda nach Strich und Faden ausgeschimpft.

03 - Der kopflose Engel
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